Direkt zum Inhalt

Keine Kettenschenkung bei Weiterschenkung an Ehegatten

Überträgt ein Elternteil Grundbesitz schenkweise auf ein Kind und schenkt das bedachte Kind unmittelbar im Anschluss an die ausgeführte Schenkung einen Miteigentumsanteil an dem Grundbesitz an seinen Ehegatten weiter, ohne dem Elternteil gegenüber zur Weiterschenkung verpflichtet zu sein, liegt schenkungsteuerrechtlich keine Zuwendung des Elternteils an das Schwiegerkind vor, wenn das eigene Kind eine eigene Entscheidungsbefugnis über die Weiterschenkung hat. Dieser Entscheidung des BFH lag der Fall zugrunde, dass ein Kind (K) von seiner Mutter (M) mit notariell beurkundetem Vertrag vom 10.11.2006 (URNr. 1676) Grundbesitz übertragen bekam. Als Gegenleistungen wurden zugunsten der M ein dinglich gesichertes Wohnungsrecht bestellt sowie durch

eine Reallast gesicherte Ansprüche auf Wart und Pflege und ein Anspruch auf ein standesgemäßes Begräbnis eingeräumt. Die Überlassung des Grundbesitzes sollte unentgeltlich erfolgen, soweit die Gegenleistungen den Wert der Zuwendung nicht erreichen sollten. Mit Folgeurkunde vom gleichen Tag (URNr. 1677) übertrug K die Hälfte des ihm überlassenen Grundbesitzes auf seine Frau (F). Diese trat neben K in alle dinglich gesicherten Verpflichtungen gegenüber der M ein. Die Eintragung des Miteigentums der F sollte im Wege der Kettenauflassung erfolgen; K verzichtete insoweit auf seine Zwischeneintragung als Alleineigentümer.

In der Schenkungsteuererklärung gab F ihre Schwiegermutter M als Schenkerin an. Das Finanzamt (FA) ging davon aus, dass M den Grundbesitz je zur Hälfte dem K und der F freigebig zugewendet habe. Für die Zuwendung der M an F setzte das FA Schenkungsteuer fest. Einspruch und Klage in der F vortrug, sie habe die Schenkung nicht von M sondern von K erhalten blieben ohne Erfolg, da FA und FG davon ausgingen K als Zwischenerberber sei nicht bereichert worden, da er den Grundbesitz sofort weitergeschenkt habe (Kettenschenkung).

Der BFH folgt dieser Wertung jedoch nicht. Er führte aus, dass wenn ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen wird und diese den Vermögensgegenstand freigebig einem Dritten zuwendet, für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten darauf abzustellen ist, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat. Erhält jemand als Durchgangs- oder Mittelsperson eine Zuwendung, die er entsprechend einer bestehenden Verpflichtung in vollem Umfang an einen Dritten weitergibt, liegt schenkungsteuerrechtlich nur eine Zuwendung aus dem Vermögen des Zuwendenden an den Dritten vor. Wegen der Verpflichtung zur Weitergabe besteht keine Bereicherung der Mittelsperson

aus dem Vermögen des Zuwendenden; eine Schenkung der Mittelsperson an den Dritten kommt nicht in Betracht. Ob ein Bedachter über einen zugewendeten Gegenstand frei verfügen kann oder diesen einem Dritten zuwenden muss, ist unter Berücksichtigung der abgeschlossenen Verträge, ihrer inhaltlichen Abstimmung untereinander sowie der mit der Vertragsgestaltung erkennbar angestrebten Ziele der Vertragsparteien zu entscheiden (Gesamtumstände des Einzelfalls). Die Verpflichtung zur Weitergabe kann sich z.B. aus einer ausdrücklichen Vereinbarung im Schenkungsvertrag oder aus den Umständen ergeben. Für die Annahme einer Weitergabeverpflichtung des Bedachten reicht allerdings nicht aus, dass der Zuwendende weiß oder damit einverstanden ist, dass der Bedachte den zugewendeten Gegenstand unmittelbar im Anschluss an die Schenkung an einen Dritten weiterschenkt. Auch eine nur kurze Verweildauer des Geschenks beim Bedachten spricht für sich allein genommen nicht für eine Weitergabeverpflichtung. Aus diesem Grund ist eine Weitergabeverpflichtung des zuerst Bedachten nicht schon deshalb anzunehmen, weil die Schenkung und die Weiterschenkung in zwei zeitlich unmittelbar aufeinanderfolgenden notariellen Urkunden vereinbart wurden und der zuerst

Bedachte den geschenkten Gegenstand vor der sich unmittelbar anschließenden Weiterschenkung nicht tatsächlich als Eigentümer nutzen konnte. Der zeitlichen Abfolge der Schenkungen kann allerdings im Rahmen der Gesamtwürdigung eine Indizwirkung zukommen. Eltern haben regelmäßig kein Interesse daran, ihr Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihre Schwiegerkinder zu übertragen; gewollt ist vielmehr die Übertragung des Vermögens auf die eigenen Kinder. Für eine Zuwendung allein an das eigene Kind sprechen in diesem Zusammenhang auch besondere Vereinbarungen im Schenkungsvertrag, die eine Anrechnung der Zuwendung auf den gesetzlichen Pflichtteilsanspruch (§ 2303 BGB) bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch (§§ 2326 f. BGB) des Kindes sowie die Begründung eines Rückübertragungsanspruchs des zuwendenden Elternteils für bestimmte Fälle (wie z.B. das Vorversterben des Kindes) regeln. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte lag im Streitfall keine Schenkung der Schwiegermutter an die F vor.