Gewährt ein Landwirt seinen Erntehelfern Unterkunft und Verpflegung, so unterliegt dies nach dem Urteil des Finanzgerichts Hessen (FG) vom 7.4.2014 – 6 K 1612/11 der normalen Umsatzbesteuerung und nicht der günstigen Pauschalierung nach § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG).
Das FG führt aus, dass die Gewährung von Unterkunft der normalen Umsatzbesteuerung zum Regelsteuersatz (19 %) und die Gewährung von Verpflegung dem ermäßigten Steuersatz (7 %) unterliegt. Die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung ist weder von der Umsatzsteuer befreit noch unterliegt sie der günstigen Besteuerung nach Durchschnittssätzen.
Im vorliegenden Fall hatte ein Landwirt geklagt, der in den Jahren 2005 bis 2007 Umsatzerlöse zwischen 1 und 1,4 Mio. Euro erzielte. In dieser Zeit beherbergte er bis zu 150 Erntehelfer ausschließlich für die Spargelernte, denen er auch Verpflegung gewährte. Für diese Leistung behielt der Kläger vom Arbeitslohn der Erntehelfer jeweils ein Entgelt in Höhe der geltenden Sätze der Sachbezugsverordnung bzw. der Sozialversicherungsentgeltverordnung ein.
Das Finanzamt unterwarf die Unterbringung und Verpflegung der Erntehelfer der regulären Umsatzbesteuerung. Der Kläger war jedoch der Auffassung, dass es sich hierbei um ein sogenanntes landwirtschaftliches Hilfsgeschäft handele, das der steuerlich günstigen Pauschalierung nach § 24 UStG unterliege, und klagte.
Das FG folgte der Auffassung des Finanzamts. Das Gericht führt aus, dass der Kläger zum einen durch die Gewährung von Unterkunft und Verpflegung gegen Lohneinbehalt in Höhe von jährlich etwa 80.000 Euro entgeltliche Leistungen an die Erntehelfer erbracht habe. Diese Beherbergung der Erntehelfer sei auch nicht von der Umsatzsteuer befreit, da es sich dabei um eine kurzfristige, nicht steuerfreie Beherbergung von Fremden im Sinne des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG handele.
Auch unterlägen weder die entgeltliche Gewährung von Unterkunft an Erntehelfer noch deren Verpflegung der günstigen Besteuerung nach Durchschnittssätzen gemäß § 24 UStG. Vielmehr unterlägen diese Leistungen der regulären Besteuerung. Begründet wird dies damit, dass es sich hierbei nach Maßgabe der europarechtlichen Vorgaben nicht um landwirtschaftliche Dienstleistungen und auch nicht um sogenannte landwirtschaftliche Hilfsumsätze handele.
Unter landwirtschaftlichen Hilfsumsätzen sind Umsätze zu verstehen, die die übrigen Umsätze im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb unterstützen und abrunden, selbst aber nicht nachhaltig ausgeführt werden. Von der gemeinsprachlichen Bedeutung des Wortes „nachhaltig“, nämlich „sich auf längere Zeit stark auswirkend“, ist nach der Rechtsprechung des BFH (siehe u.a. BFH vom 18.7.1991 – V R 86/87) auch umsatzsteuerrechtlich auszugehen. Dementsprechend müsse also eine auf Dauer angelegte Tätigkeit zur Erzielung von Entgelten (im weitesten Sinne gewerbliche oder berufliche Tätigkeit) gegeben sein.
Nach Ansicht des FG stellen die wiederholte Unterbringung und Verpflegung von Erntehelfern gegen Entgelt durch den Kläger zumindest deshalb keine landwirtschaftlichen Hilfsumsätze dar, weil es sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse um eine nachhaltige Tätigkeit handele, die einen beträchtlichen Umfang angenommen habe. Darüber hinaus sei auch der erforderliche unmittelbare Zusammenhang mit der sogenannten Urproduktion nicht gegeben. Dies gelte insbesondere wegen des Ausnahmecharakters der Pauschalregelung in § 24 UStG.
Das FG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zugelassen.