Direkt zum Inhalt

Vernichtung von Akten ist keine Entschuldigung

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (FG) hat in seinem Urteil vom 16.6.2015 – 5 K 1154/13 entschieden, dass ein Finanzamt in jedem neuen Veranlagungszeitraum verpflichtet ist, den Sachverhalt rechtlich zu prüfen, und sich nicht darauf berufen kann, dass archivierte Unterlagen bereits vernichtet worden seien.

Wenn bestandskräftige Steuerbescheide wegen vermeintlich neuer Tatsachen vom Finanzamt geändert werden – vorliegend ging es um eine Rentenbesteuerung –, kann es streitig sein, ob das Finanzamt dazu befugt ist. Die Behörde ist z. B. dann nicht dazu berechtigt, wenn sie der Verpflichtung, vor Erlass eines Bescheids den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, nicht oder nicht genügend nachgekommen ist. Zu den Ermittlungspflichten des Finanzamtes gehört u. a., archivierte Akten beizuziehen, um Sachverhalte zu prüfen. Sofern das Finanzamt relevante Unterlagen archiviert oder vernichtet hat, muss es insoweit wichtige Unterlagen im Hinblick auf die Ermittlungspflicht neu anfordern und überprüfen. Mit der bloßen Übernahme der von der Klägerin erklärten Rente ohne eigene Prüfung hat das Finanzamt in den hier betreffenden Streitjahren seine Ermittlungspflicht verletzt, sodass es auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben an einer Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide der Klägerin für die hier relevanten Jahre 2007 bis 2010 nach der Auffassung des FG gehindert war.

Die steuerrechtliche Beurteilung der von der Klägerin erklärten Zahlungen allein anhand eines Steuerbescheids des vorherigen Finanzamtes war in diesem Zusammenhang nach der Entscheidung des Gerichts unzureichend.