Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) entschied mit Urteil vom 13.10.2016 – 14 K 203/15, dass bei einer Nachlassspaltung jeder der Nachlassteile als selbstständiges Sondervermögen anzusehen und ohne Berücksichtigung des übrigen Nachlasses zu behandeln ist. Dabei können Anschaffungskosten durch die Übernahme der im Rahmen der ordnungsgemäßen Nachverwaltung aufgenommenen Darlehen von einem Erben entstehen.
Streitig ist, ob die vom Kläger im Rahmen einer Erbauseinandersetzung von seiner Mutter übernommenen Darlehensschulden zu Anschaffungskosten eines Grundstücks führen. Der Kläger war zusammen mit seiner Mutter und seinen drei Schwestern Erbe seines im Mai 1990 verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörten drei Grundstücke sowie ein zum Zeitpunkt des Erbfalls auf dem Gebiet der DDR belegenes mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück in L. Der Erblasser wurde von der Mutter des Klägers zu ½, der Kläger und seine Schwestern zu je 1/8 beerbt. Abweichend hiervon wurde er hinsichtlich des Grundstücks in L von der Mutter zu ¼ und den Kindern zu je 3/16 beerbt.
Die Mutter besaß an allen Grundstücken ein Nießbrauchsrecht; sie nahm in der Zeit von 1998 bis 2002 vier Darlehen von insgesamt 100.000 € für die Modernisierung des Mehrfamilienhauses in L auf. Bei der Erbauseinandersetzung erhielt der Kläger das Grundstück in L zu Alleineigentum. Im Gegenzug übernahm er zwei der vier Darlehensverträge sofort und verpflichtete sich, seine Mutter auch von den Zahlungen der beiden anderen Verträge freizustellen.
In seiner ESt-Erklärung machte der Kläger 2,5 % AfA (2.113,25 €) für das Gebäude (Baujahr 1910) geltend, wobei er von seinen Anschaffungskosten (100.000 €) einen Bodenwertanteil von 15,47 % abzog. Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass das Gebäude bereits abgeschrieben sei und keine Anschaffungskosten des Klägers vorlägen. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das FG Niedersachsen entschied, dass das Finanzamt zu Unrecht keine Anschaffungskosten für das Grundstück in L berücksichtigt habe. Auch die Übernahme von Verbindlichkeiten kann zu Anschaffungskosten führen, wenn der Erwerber sie im Rahmen der Anschaffung vom Veräußerer übernimmt oder neu eingeht. Das FG ging davon aus, dass der Kläger die Miteigentumsanteile seiner Mutter und seiner Schwestern an dem Grundstück in L entgeltlich erworben hatte. Dabei ist das Grundstück in L gesondert von dem übrigen Nachlass zu betrachten. Für das Grundstück in L kommen das Erbrecht der damaligen DDR, für den übrigen Nachlass die Regelungen des BGB zur Anwendung (sog. Nachlassspaltung).
Die Spaltung des Nachlasses in zwei voneinander unabhängige Vermögen bewirkt, dass es lediglich darauf ankommt, wie sich die Erben über das Grundstück in L auseinandergesetzt haben. Die Auseinandersetzung im Übrigen ist unerheblich. Der Senat folgt der Rechtsprechung des BFH, wonach die Übernahme von Schulden zu Anschaffungskosten führt, wenn der Erbe mehr vom Gemeinschaftsvermögen erhält, als dies dem Wert seines Erbteils entspricht und er im Gegenzug über seine Erbquote hinaus Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft übernimmt. Das von K übernommene Darlehen ist nur in Höhe des sich nach Abzug seines Erbanteils ergebenden Saldos als Anschaffungskosten zu berücksichtigen:
Darlehensvaluta (100.000,00 €) abzgl. Erbteil des Klägers (18.750,00 €) = Kaufpreis für 13/16 Anteil (81.250,00 €) abzgl. Bodenwertanteil (12.569,38 €); AfA Bemessungsgrundlage (68.680,62 €), AfA 2,5 % (1.717,01 €)
Somit ist eine AfA für das Gebäude in Höhe von 1.717,01 € in Abzug zu bringen. Die Revision wurde zugelassen.