In der Entscheidung vom 29.3.2017 – 7 K 3675/13 (rkr.) stellt das Finanzgericht Münster (FG) fest, dass das Finanzamt eine Schätzungsbefugnis hat, sofern die Kassenführung nicht ordnungsgemäß ist. Gemäß § 145 Abs. 1 Abgabenordnung muss die Buchführung so beschaffen sein, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Dabei müssen sich die Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen, Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. Soweit Bücher, Aufzeichnungen, Buchungsbelege und sonstige Unterlagen für die Besteuerung von Bedeutung sind, sind sie geordnet aufzubewahren.
Werden programmierbare elektronische Kassensysteme genutzt – wie im vorliegenden Fall –, stellt das Fehlen der Programmierprotokolle einen gewichtigen formellen Kassenführungsmangel dar, der jedenfalls bei bargeldintensiven Betrieben zu Hinzuschätzungen durch das Finanzamt berechtigt. Zu den diesbezüglichen Unterlagen gehören u. a. die Anweisungen zur Kassenprogrammierung und vor allem diejenigen Programmierprotokolle, die nachträgliche Änderungen dokumentieren. Fehlen diese Organisationsunterlagen bei einem elektronischen Kassensystem, steht dies dem Fehlen von Tagesendsummenbons bei Registrierkassen bzw. dem Fehlen von Auszählungsprotokollen bei einer offenen Ladenkasse gleich. Diese Grundsätze gelten sowohl für elektronische Registrierkassen als auch PC-Kassensysteme.
Nicht relevant ist, ob tatsächlich Manipulationen vorgenommen wurden. Alleine die Möglichkeit genügt.