Nach der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a Einkommensteuergesetz (EStG) durch das Jahressteuergesetz 2008 (JStG 2008) können auf einem Wirtschaftsüberlassungsvertrag beruhende Leistungen des Nutzungsberechtigten an den Überlassenden als Betriebsausgaben abziehbar sein. Sind einzelne Regelungen in einem Wirtschaftsüberlassungs-vertrag nach Fremdvergleichsgrundsätzen ertragsteuerlich nicht anzuerkennen, führt dies nicht ohne Weiteres dazu, dem gesamten Wirtschaftsüberlassungsvertrag die steuerliche Anerkennung zu versagen. Eine solche Rechtsfolge darf nur gezogen werden, wenn der dem Fremdvergleich nicht standhaltenden vertraglichen Regelung ein derartiges Gewicht zukommt, dass dies unter Berücksichtigung des Gesamtbilds der Verhältnisse die Nichtanerkennung des gesamten Vertragsverhältnisses rechtfertigt. Zu diesem Ergebnis ist der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 12.7.2017 – VI R 59/15 gelangt.
Im zugrunde liegenden Sachverhalt erzielte der Kläger aus der Bewirtschaftung des im Eigentum seiner Eltern stehenden Hofes, auf dem er zusammen mit seinen Eltern wohnte, Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Mit Nutzungsüberlassungsvertrag überließen die Eltern dem Kläger, der als Erbe des Hofes vorgesehen war, ab dem 1.7.2008 die Nutzung des gesamten landwirtschaftlichen Betriebs, außer der Wohnung der Eltern auf der Hofstelle. Die Pachtflächen wurden mit Zustimmung des Verpächters an den Kläger unterverpachtet. Dem Kläger oblag die ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Betriebs.
Als „Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung“ wurden u. a. monatliche Barzahlungen, die Übernahme der Heizungs-, Strom-, Wasser-, Abwasser- und Müllabfuhrkosten sowie der Unterhaltungsaufwendungen, die in der von den Eltern genutzten Wohnung anfallen, vereinbart.
In seiner Einkommensteuererklärung 2009 machte der Kläger „dauernde Lasten aus Wirtschaftsüberlassungs-vertrag“ in Höhe von insgesamt 3.520 € geltend (2.400 € Barleistungen und 1.120 € Sachleistungen). Das Finanzamt berücksichtigte den begehrten Sonderausgabenabzug nicht.
Im Rahmen des Revisionsverfahrens sah der BFH dies etwas anders. Er entschied, dass durch den Abschluss eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags zwei land- und forstwirtschaftliche Betriebe, nämlich ein wirtschaftender Betrieb des Nutzungsberechtigten und ein Eigentümerbetrieb des Nutzungsverpflichteten entstehen. Der Abschluss eines Wirtschaftsüberlassungsvertrags führt ebenso wie der Übergang von der Eigenbewirtschaftung zur Betriebs-verpachtung bei fehlender ausdrücklicher Aufgabeerklärung nicht zur Einstellung der betrieblichen Tätigkeit des Hofeigentümers; der Betrieb wird vielmehr (in anderer Form) fortgeführt. Aufseiten des Nutzungsberechtigten bildet der Wirtschaftsüberlassungsvertrag die Rechtsgrundlage für das Nutzungsrecht, durch das er Unternehmer des landwirtschaftlichen Betriebs werden kann. Der Wirtschaftsüberlassungsvertrag wird hinsichtlich der Nutzungs-überlassung somit einkommensteuerrechtlich wie ein Pachtverhältnis behandelt.
Nach der Neufassung des § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG durch das JStG 2008 sind auf einem Wirtschaftsüberlassungs-vertrag beruhende Leistungen des Nutzungsberechtigten an den Überlassenden zwar nicht mehr als Sonderausgaben abziehbar, da es insoweit an der nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut erforderlichen „Übertragung“ begünstigten Vermögens fehlt. Jedoch können Leistungen beim Nutzungsberechtigten als Betriebsausgaben gemäß § 4 Abs. 4 EStG und beim Überlassenden als Betriebseinnahmen (Betriebsvermögensmehrungen) zu erfassen sein. Vertraglich können dabei sowohl Geld- als auch Sach- und Dienstleistungen vereinbart sein. Zivilrechtlich ist anerkannt, dass eine Miete oder Pacht nicht nur in Geld, sondern auch in geldwerten Leistungen bestehen kann.