Sofern ein Unternehmer bei den Rechnungen seines Unternehmens keine lückenlos fortlaufenden Rechnungsnummern verwendet, so berechtigt dies alleine das Finanzamt nicht zur Erhöhung des Gewinns durch Hinzuschätzung nach § 162 Abs. 2 Abgabenordnung (AO). Dies hat das Finanzgericht Köln (FG) für den Fall der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung mit Urteil vom 7.12.2017 – 15 K 1122/16 entschieden (Revision zum BFH).
Im vorliegenden Fall stritten die Beteiligten über Hinzuschätzungen nach einer steuerlichen Außenprüfung. Zwischen ihnen war im Wesentlichen streitig, ob die Buchführung formell und sachlich ordnungsgemäß war, insbesondere ob Ausgangsrechnungen eine ordnungsgemäße (fortlaufende) Rechnungsnummer enthielten. Der Kläger verwendete auf seinen elektronischen Rechnungen ausschließlich Buchungsnummern, die computergesteuert durch eine Kombination aus Veranstaltungsnummer, Geburtsdatum des Kunden und Rechnungsdatum erzeugt wurden. Jede Buchungsnummer wurde somit zwar nur einmalig vergeben, sie waren jedoch nicht numerisch fortlaufend.
Aufgrund der bloßen Angabe von Buchungsnummern auf den Rechnungen bei gleichzeitigem Fehlen eines lückenlosen numerischen Systems von Rechnungsnummern vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei und dieser auch sachlich schwerwiegende Fehler eine Hinzuschätzung rechtfertige. Auch bei einer Gewinnermittlung durch Überschussrechnung setze das Gesetz eine Einzelaufzeichnung der Einnahmen voraus. Nur bei Vorlage geordneter und vollständiger Belege verdiene die Überschussrechnung das Vertrauen. Der Grundsatz der Einzelaufzeichnung sehe, um die Vollständigkeit kontrollieren zu können, die Vergabe einer (fortlaufenden) Rechnungsnummer vor. Eine ausdrückliche Rechnungsnummer enthielten die Rechnungen im Streitfall jedoch nicht. Die Buchungsnummer entspreche diesen Anforderungen nicht, weshalb in jedem Streitjahr als Unsicherheitszuschlag eine Gewinnerhöhung von jeweils 4.000 € vorzunehmen sei.
Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage statt. Außer besonderen Aufzeichnungspflichten enthält das Einkommensteuergesetz (EStG) keine genaue Regelung zur Aufzeichnung von Betriebseinnahmen. Gleichwohl muss der Steuerpflichtige nach den Ausführungen des FG Betriebseinnahmen (und auch Betriebsausgaben) bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG einzeln aufführen und dem Finanzamt auf Verlangen erläutern und glaubhaft machen, damit die Finanzbehörde die Vollständigkeit und Richtigkeit nachprüfen kann.
Bei der (freiwilligen) Führung eines Kassenbuchs rechtfertigen wiederholt korrigierte und in sich widersprüchliche Angaben eine Hinzuschätzung. Insgesamt wird aus den umsatzsteuerlichen Vorschriften zur Aufzeichnungspflicht (§ 22 Umsatzsteuergesetz) sowie aus den Ordnungsvorschriften der §§ 140 ff. AO auch für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG eine Pflicht hergeleitet, Aufzeichnungen einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorzunehmen. Die zur Aufzeichnung angewandten Verfahren bestimmen sich dabei nach dem Zweck, den die Aufzeichnungen für die Besteuerung erfüllen sollen.
Eine gesetzlich konkretisierte Pflicht zur Vergabe einer nicht bloß einmaligen, sondern zudem (z. B. numerisch) fortlaufenden lückenlosen Rechnungsnummer lässt sich den vorgenannten Vorschriften nach Meinung des FG hingegen nicht entnehmen. Vor allem kann aus den allgemeinen Ordnungsvorgaben des § 146 Abs. 1 Satz 1 AO keine konkrete Pflicht zur Vergabe einer Rechnungsnummer abgeleitet werden. Anderweitige Anhaltspunkte, die zu einer Hinzuschätzung nach § 162 Abs. 2 AO berechtigen, sind im Streitfall nicht erkennbar.