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Überlassung von Inventar als Nebenleistung – umsatzsteuerbefreit?

In der Entscheidung vom 11.11.2015 – V R 37/14 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Verpachtung von Einrichtungsgegenständen eines Seniorenwohnparks im Hinblick auf die Steuerfreiheit nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) befasst.

Das Gericht ist dabei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude umfasst, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte und nicht um eine kurzfristige Überlassung handelt (insofern entgegen der Verwaltungsauffassung in Abschnitt 4.12.1 Abs. 6 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses).

Leistungen, die für die Nutzung einer gemieteten Immobilie nützlich oder sogar notwendig sind, können im Einzelfall entweder Nebenleistungen darstellen oder mit der Vermietung untrennbar verbunden sein und mit dieser eine einheitliche Leistung bilden. Die Feststellung, ob im konkreten Fall eine einheitliche Leistung vorliegt, obliegt den Gerichten. Sie ist in der Regel eine Tatsachenwürdigung durch das Finanzgericht, die den BFH grundsätzlich bindet.

Die Klägerin ist Eigentümerin eines Seniorenwohnparks. Sie hatte den Seniorenwohnpark incl. des beweglichen Inventars verpachtet. Bei dem Inventar handelte es sich zu ca. 80 % um Pflegebetten und speziell abgestimmte, zum Betrieb eines Seniorenheims zwingend erforderliche Ausstattungselemente. Hinsichtlich der (mit-)verpachteten Einrichtungsgegenstände verpflichtete sich die Pächterin, für zerstörte, sonst unbrauchbare oder bei Pachtende fehlende Gegenstände Ersatz oder Vergütung zu leisten. Während die Berechnung des Pachtzinses für das Grundstück und die Gebäude ohne Umsatzsteuer erfolgte, enthielt die Pacht für das bewegliche Inventar die „gesetzliche Mehrwertsteuer“. Der BFH hatte jedoch in einem früheren Urteil (vom 20.8.2009 – V R 21/08) anlässlich der Vermietung eines Seniorenpflegeheimes entschieden, dass mit der Überlassung des Mobiliars eine Nebenleistung zur steuerfreien Vermietung erbracht wird und die damalige Klägerin daher aus den Leistungen zum Erwerb des Mobiliars nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt war. Unter Hinweis auf dieses Urteil beantragte die Klägerin im aktuellen Fall, die Verpachtung der Einrichtungsgegenstände als Nebenleistung zur Verpachtung des Grundstücks als umsatzsteuerfrei zu behandeln und die Umsatzsteuerfestsetzungen entsprechend zu berichtigen. Der BFH folgte der Klägerin.

Die Klägerin hatte ein für den Betrieb eines Seniorenwohnparks im beschriebenen Umfang funktionsfähig eingerichtetes Gebäude überlassen. Die Überlassung der Möbelstücke diente der vertragsmäßigen Nutzung des Gebäudes als Seniorenwohnpark. Es handelte sich bei dem mitverpachteten Mobiliar ganz überwiegend um speziell abgestimmte, zum Betrieb eines Seniorenheims zwingend erforderliche Ausstattungselemente.

Dieses Ergebnis genügt auch EU-rechtlichen Vorgaben: Leistungen, die für die Nutzung einer gemieteten Immobilie nützlich oder sogar notwendig sind, können im Einzelfall entweder unabhängig von der Vermietung der Immobilie bestehen, Nebenleistungen darstellen oder von der Vermietung untrennbar sein und mit dieser eine einheitliche Leistung bilden. Dies hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) zuletzt im Urteil vom 16.4.2015 (C-42/14, Wojskowa Agencja Mieszkaniowa) so entschieden.

Das Finanzamt hatte zwar darauf verwiesen, dass die gesonderte Entgeltvereinbarung bei Leistungen, die auch von Dritten erbracht werden können, ein Indiz für das Vorliegen selbstständiger Leistungen ist. Dieser Ansicht kommt aber nach Auffassung des BFH aufgrund einer inzwischen entgegenstehenden EuGH-Entscheidung vom 11.6.2009 (C-572/07, Tellmer Property) keine entscheidende Bedeutung mehr zu.