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Durchschnittssatzbesteuerung bei einer KG ohne Mitunternehmerschaft

Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) hat mit Urteil vom 16.6.2017 – 11 K 98/17 zu der Frage Stellung genommen, wann eine Personengesellschaft berechtigt ist, die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) zur Besteuerung ihrer Umsätze in Anspruch zu nehmen. Die Entscheidung: „Eine KG kann auf ihre Umsätze nicht die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG i.V.m. § 51a Bewertungsgesetz (BewG) anwenden, wenn ihre Kommanditisten keine ausreichende Mitunternehmerinitiative entfalten können“.

Klägerin ist eine Kommanditgesellschaft (KG), die die Produktion und Aufzucht von Ferkeln im Rahmen einer Gesellschaft betrieb, die nach § 51a BewG landwirtschaftliche Einkünfte erzielte. Komplementär ist M mit einer Einlage von 9.800 €, von dem die KG ein Stallgebäude angepachtet hatte; Kommanditisten mit einer Hafteinlage von jeweils 100 € waren N und S. M erhielt als Vorabgewinn neben der Erstattung sämtlicher Ausgaben für die Geschäftsführung ein Gewinnvorweg von 60 % zur Abdeckung seines Haftungsrisikos. Der verbleibende Gewinn wurde im Verhältnis der Einlagen verteilt.

Im Rahmen einer Außenprüfung für die Jahre 2010 bis 2013 stellte der Prüfer fest, dass die beiden Kommanditisten keinerlei Entscheidungskompetenz nach den Regelungen im Gesellschaftsvertrag hatten und daher nicht als Mitunternehmer anzusehen seien. Die Voraussetzungen des § 51a BewG seien daher nicht vollständig erfüllt, sodass auch keine Versteuerung der Umsätze nach Durchschnittssätzen möglich sei. Das Finanzamt korrigierte daraufhin die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2010 bis 2013.

Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzamt begründete dies damit, dass ein Tatbestandsmerkmal des § 51a BewG – alle Gesellschafter müssen als Mitunternehmer anzusehen sein – nicht erfüllt sei. Eine Einschränkung für den Bereich der Tierhaltung und -zucht sei dort nicht vorgesehen. Das Niedersächsische FG lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Das Niedersächsische FG hielt die Klage für unbegründet und bestätigte die Auffassung des Finanzamtes mit dem Ergebnis, dass die Klägerin in den Streitjahren von der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 UStG keinen Gebrauch machen konnte. Gegen die Ermittlung der steuerpflichtigen Umsätze und der abzugsfähigen Vorsteuer bestanden keine Einwände.

Die Durchschnittssatzbesteuerung für Umsätze von Landwirten setzt Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe voraus, deren Tierbestände nach den §§ 51 f. BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören. Da die Klägerin mangels hinreichender eigener Flächen nicht per se mit der Ferkelaufzucht einen landwirtschaftlichen Betrieb unterhält, kann sie eine Besteuerung nach § 24 UStG nur beanspruchen, wenn sämtliche sachlichen und persönlichen Voraussetzungen des § 51a BewG vorliegen.

Nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) ist nicht jeder Gesellschafter einer Personengesellschaft automatisch Mitunternehmer. Mitunternehmer ist er nur dann, wenn er aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen oder einer wirtschaftlich vergleichbaren Stellung Mitunternehmerinitiative ausüben kann und ein Mitunternehmerrisiko trägt. Dies bedeutet gesellschaftsrechtliche Teilnahme am Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens. Der Senat sah noch Anhaltspunkte für ein hinreichendes Mitunternehmerrisiko; eine Möglichkeit, Mitunternehmerinitiative zu entfalten, sah er für die Kommanditisten jedoch nicht mehr als gegeben an, da für alle Beschlüsse der Gesellschaft nicht die Einstimmigkeit notwendig war, sondern grundsätzlich die einfache Mehrheit reichte. In keinem Fall kann ein Komplementär an einer seine Interessen wahrenden Beschlussfassung gehindert werden.