Der BFH (Urteil v. 17.05.2018, VI R 66/15) hatte zu entscheiden, ob eine Mitunternehmerschaft, die nach Aufgabe des land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetriebs ihre wesentlichen
Betriebsgrundlagen den Mitunternehmern zu Alleineigentum überträgt, das Verpächterwahlrecht ausüben kann oder alle stillen Reserven im Rahmen einer Betriebsaufgabe versteuern muss.
Im Streitfall waren die Großeltern ES und WS des Steuerpflichtigen Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Dieser wurde im Jahr 1954 auf die Tochter KH übertragen. Die Großeltern behielten u.a. das Grundstück 11, welches in der Folge für sie weiter bewirtschaftet wurde, zurück. Das im Mai 1977 vereinbarte Testament der Großmutter ES setzte die Töchter KH und EH zu gleichen Teilen zu Erben ein. Gemäß dem Testament erhielten die Erben zwei Teilflächen des Flurstücks 11 sowie die
Grundstücke 22/2, 22/3 und 33, die zuvor im Rahmen der Übertragung des Betriebes auf KH zurückbehalten wurden. Nachdem ES im Jahr 1979 verstorben war, übertrug die Erbengemeinschaft, bestehend aus KH und EH, im Jahr 1981 die Grundstücke 22/2, 22/3 und 33 der KH zum
Alleineigentum. Alleinerbe der 1981 verstorbenen EH war deren Sohn, der mit dem Tode von EH in die Erbengemeinschaft nach ES eintrat. Das Grundstück 11 wurde in der Folgezeit entsprechend der im Testament der ES angeordneten Aufteilung zerlegt. Mit Vertrag aus 1983 wurde verfügt, dass die neu entstandenen Flurstücke 11/3 und 11/4 aufgeteilt und den Steuerpflichten das Flurstück 11/4 zu Alleineigentum zugeteilt wurde. Im Rahmen eines Umlegungsverfahrens erhielt der Kläger 1999 für das
Flurstück 6 Bauplätze, die er in den Jahren 2001 und 2010 veräußerte.
Das Finanzamt erließ einen gesondert und einheitlichen Feststellungsbescheid für das Streitjahr 1999, in dem es neben laufenden Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft ebenfalls ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 477.946 DM festsetze. Denn nach Auffassung des FA habe das Flurstück 11/4 einen land- und
forstwirtschaftlichen Betrieb des Steuerpflichtigen dargestellt. Mit dem Untergang des Flurstücks und der Zuteilung der Bauplätze im Streitjahr läge eine Zwangsbetriebsaufgabe vor. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos, sodass der Steuerpflichtige Klage erhoben hat. Das FG gab dem Steuerpflichtigen recht, woraufhin das Finanzamt Revision gegen das Urteil einlegte. Der BFH hat entschieden, dass die Revision des Finanzamtes unbegründet ist. Nach Auffassung des BFH hat das FG zutreffend entschieden, dass das Flurstück 11/4 im Streitjahr nicht zu einem land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehörte, so dass die Flurstücke, die der Steuerpflichtige im Rahmen des Umlegungsverfahrens zum Ausgleich erhalten hat, kein Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen darstellen konnten.
Der BFH ist zudem der Ansicht, dass die Erbengemeinschaft ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb nicht im Jahr 1981 mit der Übertragung der Flurstücke 22/2, 22/3 und 33 auf KH zum Alleineigentum aufgegeben hat. Ein landwirtschaftlicher Betrieb wird mit der Übertragung sämtlicher
landwirtschaftlicher Nutzflächen an Dritte aufgegeben. Denn der Grund und Boden ist für dessen Betriebsfortführung unerlässlich. Die bloße Verkleinerung eines Eigentumsbetriebs führe demgegenüber nicht zu einer Betriebsaufgabe. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der BFH der Ansicht, dass im Streitfall nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Erbengemeinschaft ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bereits im Jahr 1981 aufgegeben hat. Durch die Übertragung auf KH hatte die Erbengemeinschaft ihre betriebliche Tätigkeit noch nicht eingestellt. Da die Erbengemeinschaft nach den Feststellungen des FG weder ausdrücklich noch konkludent eine Betriebsaufgabe erklärt hatte, führte sie den landwirtschaftlichen Betrieb folglich auch nach Übertragung der Flurstücke 22/2, 22/3 und 33 auf KH als Verpachtungsbetrieb fort.
Die Erbengemeinschaft hat ihren Betrieb aber mit der Übereignung der Flurstücke 11/3 und 11/4 an KH und den Steuerpflichtigen aufgegeben. Nach der Rechtsprechung des BFH wird ein landwirtschaftlicher Betrieb aufgegeben, wenn die landwirtschaftlichen Flächen nach dem Tod des
Betriebsinhabers auf die Erben aufgeteilt werden. Mit der Übertragung der Flurstücke 11/3 und 11/4, bei denen es sich um die letzten zum Betriebsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücke handelte, wurde der landwirtschaftliche Betrieb der Erbengemeinschaft als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens aufgelöst. Mit der Aufgabe des Betriebs der Erbengemeinschaft haben die landwirtschaftlichen Grundstücke ihre Eigenschaft als Betriebsvermögen verloren.
Es gibt nach Ansicht des BFH keine Rechtsgrundlage dafür, dass das Flurstück 11/4 auch nach der Betriebsaufgabe weiterhin als Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen zu behandeln sei. Zudem stand
ihm auch kein Verpächterwahlrecht zu. Dieses setzt voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet werden. Der Steuerpflichtige hat im Streitfall aber lediglich ein Grundstück der Erbengemeinschaft übernommen und verpachtetet. Im Ergebnis wurden daher nicht alle wesentlichen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens übertragen, weil das Flurstück 11/3 ebenfalls eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt. Dem BFH zufolge ändert die Tatsache, dass ein Verpächter die Zusammensetzung seines Betriebsvermögens ändern kann, nichts daran, dass der Steuerpflichtige kein Verpächterwahlrecht ausüben konnte. Maßgeblich für die Ausübung des Wahlrechts ist, ob im Zeitpunkt des Beginns der Verpachtung der Betrieb in seinem Wesen unverändert weiterbestand. Nach Ansicht des BFH war dies im Streitfall nicht gegeben. Da nur das Flurstück 11/4 und nicht zusätzlich 11/3, das eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt, zum Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen gehört hat.
Die Grundsätze der sogenannten Realteilung führen nach Ansicht des BFH zu keinem anderen Ergebnis.
Das Flurstück 11/4 stelle kein Betriebsvermögen dar, weil der Steuerpflichtige dieses weder in einen neuen noch in einen bestehenden Betrieb übertrug. Voraussetzung für eine Realteilung ist jedoch die
Aufgabe einer Mitunternehmerschaft durch die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens, bei der zumindest ein bisheriger Mitunternehmer Wirtschaftsgüter der Mitunternehmerschaft in ein anderes Betriebsvermögen überführt. Da der Steuerpflichtige das Grundstück nach der Übertragung weder selbstbewirtschaftet hatte, noch beabsichtigt hatte, dieses selber zu bewirtschaften, kann nach Ansicht des BFH keine Realteilung gegeben sein. Die bloße Verpachtung landwirtschaftlicher Flächen führe nicht zu einem landwirtschaftlichen Betrieb.
Hinweis:
Der BFH hat in einem weiteren Fall entsprechend entschieden (BFH v. 17.05.2018 - VI R 73/15). In diesem Fall ging es um die Auseinandersetzung einer Miteigentümergemeinschaft, auf die die Eltern ihren Betrieb (Gütergemeinschaft) übertragen hatten. Die Söhne führten zunächst den von den Eltern bereits parzellenweise verpachteten Betrieb als Verpachtungsbetrieb fort. 1996 setzten sie die Miteigentümergemeinschaft durch Aufteilung der Grundstücke untereinander auf. Keiner der Söhne
überführte die ihm zugeteilten Flächen in einen bereits bestehenden Betrieb. Wie im Fall der Erbauseinandersetzung kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass durch Zuteilung von Einzelflächen und Fortsetzung der Verpachtung kein Verpächterwahlrecht begründet werden kann. Weshalb die Auseinandersetzung zwingend zur Betriebsaufgabe unter Aufdeckung aller stillen Reserven führt.
Auch die von der Miteigentümergemeinschaft zurückbehaltene Teilfläche von 2.250 qm Wiese, war in dem Aufgabegewinn mit einzubeziehen, weil diese für sich gesehen keinen landwirtschaftlichen Betrieb darstellen könne (Hinweis auf 3.000 qm Grenze).
In beiden Fällen kommt der BFH zu dem Ergebnis, dass seine Entscheidung auch nicht den Wortlaut des Realteilungserlasses (BFM v. 20.12.2016, BStBl 2016 I, S. 36, Tz. IV. 2) widersprechen. Da die Finanzverwaltung auch bei Zuteilung von Einzelwirtschaftsgütern aus einem Verpachtungsbetrieb die
Begründung des Verpächterwahlrechtes bisher für möglich hielt, bleibt abzuwarten wie und mit welcher Übergangsregelung die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung umsetzt.