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Herstellung von Mischfutter

Mahlt und mischt ein Unternehmer von Bauern bereitgestelltes Getreide und gibt dabei nach Wunsch des Kunden von ihm selbst beschafftes Futteröl zur Nährstoffanreicherung und/oder Mineralfutter hinzu, erbringt er keine einheitliche, sondern zwei getrennte Leistungen, von denen

die Lieferung von Futteröl und/oder Mineralfutter dem ermäßigten Steuersatz unterliegen kann.

So die Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg (FG) vom 16.10.2018– 2 K 703/18.

Streitig ist, ob Umsätze im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Verkauf von Futtermitteln dem allgemeinen oder dem ermäßigten Steuersatz unterliegen. Der Kläger betreibt die Herstellung von und den Handel mit Futtermitteln. Mit mobilen Mahl- und Mischanlagen mahlt

er auf Bauernhöfen von den Bauern bereitgestelltes Getreide. Dabei gibt er nach Vorgaben der Bauern Futteröl, Mineralfutter und/oder andere Zusatzstoffe hinzu. Zudem verkauft er Futteröl einzeln.

Am 30.8.1993 hatte das Finanzamt dem Kläger eine verbindliche Auskunft erteilt, wonach er bei der Mischfutterherstellung eine Werklieferung erbringe, wenn die dem beigestellten Getreide zugemischten Futtermischungen schon vor dieser Beimischung unter Nr. 37 der Anlage zu § 12 Abs. 2 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) fallen. In den USt-Erklärungen für die Jahre 2009 bis 2012 berücksichtigte der Kläger die Mahl- und Mischtätigkeit und den Futtermittelhandel zum Regelsteuersatz und die Zugabe von Futteröl und Mineralfutter zum e rmäßigten Steuersatz.

Nach einer Außenprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass das Mahlen und Mischen von Getreide unter Zugabe von Zusatzstoffen eine einheitliche Leistung sei, die dem allgemeinen Steuersatz unterliege, und änderte die USt-Bescheide. Der Kläger erhob daraufhin Klage. Nach seiner Auffassung sind das Mahlen und Mischen einerseits, die Zugabe von Futteröl und

Mineralfutter andererseits jeweils eigenständig zu beurteilen, wobei die Zugabe dem ermäßigten Steuersatz unterliegt.

Das FG hielt die Klage für zulässig und begründet. Der Landwirt erbringt zwei getrennte Leistungen, von denen die Lieferung von Futteröl und/oder Mineralfutter dem ermäßigten Steuersatz unterliegen kann. Auf die dem Kläger erteilte verbindliche Auskunft kommt es nicht mehr an. Unionsrechtliche Grundlage dafür sind die Art. 96, 98, 14 und 24 der

Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) sowie die Anlage III zur MwStSystRL.

Bei einem Umsatz, der ein Bündel von Einzelleistungen umfasst, ist im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zu bestimmen, ob zwei oder mehr getrennte Umsätze vorliegen oder ein einheitlicher Umsatz. Einerseits darf eine wirtschaftlich einheitliche Leistung nicht künstlich aufgespalten werden. Andererseits sind mehrere formal getrennt erbrachte Einzelumsätze als einheitlicher Umsatz anzusehen, wenn sie nicht selbstständig sind. Im Streitfall ist weder die Zugabe von Futteröl noch die Zugabe von Mineralfutter eine Nebenleistung zum Mahlen.

Für die Annahme zweier getrennter Leistungen spricht auch der Grundsatz der Neutralität der Mehrwertsteuer. Unterliegen die einzelnen Bestandteile eines Leistungsbündels jeweils unterschiedlichen Steuersätzen, würde die Annahme einer einheitlichen Leistung und damit eines einheitlichen Steuersatzes insgesamt immer zu einer abweichenden Steuerbelastung führen. Sie wäre daher nur zulässig, wenn Unternehmer, die das gesamte Leistungsbündel erbringen, und Unternehmer, die lediglich einzelne Leistungen erbringen, nicht miteinander im Wettbewerb

stehen. Die Leistungsempfänger des Klägers wären aber nicht gehindert, statt des Leistungsbündels lediglich einzelne Leistungen des Klägers in Anspruch zu nehmen. Das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. V R 36/18 anhängig.