Wenn ein Steuerpflichtiger, der seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft durch EinnahmeÜberschussrechnung ermittelt, zu seinem Betriebsvermögen gehörende Grundstücke gegen ein vorausgezahltes Entgelt zur Nutzung für die Durchführung naturschutzrechtlicher
Ausgleichsmaßnahmen überlässt, so kann er das Gestattungsentgelt auf den Vorauszahlungszeitraum verteilen, sofern der Nutzungsüberlassungs- und der Vorauszahlungszeitraum mehr als fünf Jahre betragen. Voraussetzung für die Verteilung der Einnahme ist, dass der Vorauszahlungszeitraum anhand objektiver Umstände – und sei es auch
im Wege sachgerechter Schätzung – bestimmbar ist und der zu entgeltende
Nutzungsüberlassungszeitraum länger als fünf Jahre ist. Diese Entscheidung hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 4.6.2019 – VI R 34/17 getroffen.
Die im Jahr 2015 verstorbene Mutter der Klägerin (Rechtsnachfolgerin) unterhielt einen land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetrieb, dessen Gewinn sie gem. § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ermittelte. Die verpachteten Grundstücke befanden sich in der
Nähe des Gebiets des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. XYY– Kraftwerk Z. Die K-GmbH beabsichtigte, im beplanten Bereich ein Kraftwerk zu errichten, mit dessen Bau bereits im Jahr
2007 begonnen worden war. Der Bebauungsplan enthielt u. a. Vorgaben für grünordnerische Maßnahmen, darunter Ausgleichsmaßnahmen für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft nach dem Bundesnaturschutzgesetz.
Die von der K-GmbH mit der Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen beauftragte Firma F hatte im Jahr 2011 mit der Mutter der Klägerin einen Gestattungsvertrag geschlossen. Nach dem Vertrag war die Mutter verpflichtet, auf der Vertragsfläche für die Vertragsdauer keine Nutzungen oder Handlungen vorzunehmen, die die Umsetzung des festgelegten Entwicklungsziels vereiteln, gefährden oder auf sonstige Weise beeinträchtigen konnten, insbesondere durch die Errichtung
von Anlagen oder Baulichkeiten. Die Gestattungsflächen waren nach § 1 Nr. 3 des Vertrags ausschließlich den Kompensationsmaßnahmen vorbehalten. Unberührt blieb eine land- und forstwirtschaftliche sowie eine sonstige Nutzung, soweit der Gestattungsvertrag nicht entgegenstand. Mit der Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen konnte nach dem Gestattungsvertrag frühestens nach Ablauf der Pachtzeiträume begonnen werden. Der Gestattungsvertrag begann nach dessen § 4 mit der Vertragsunterzeichnung und lief auf unbestimmte Zeit unter Ausschluss der ordentlichen Kündigung durch die Mutter. Er endete mit
dem vollständigen Rückbau des Kraftwerks und der vollständigen Rekultivierung der Vorhabensfläche. Im Juni 2013 erhielt die Mutter ein einmaliges Gestattungsentgelt i.H.v. 638.525 Euro. In ihrer Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2012/2013 erfasste die Mutter die
Entschädigung als Einnahme i.H.v. 12.770 Euro. Dem lag zugrunde, dass sie das Gestattungsentgelt gem. § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf 25 Jahre gleichmäßig verteilte. Das Finanzamt folgte dem nicht. Nach Auffassung des Finanzamtes war das Gestattungsentgelt mit Zufluss im Wirtschaftsjahr 2012/2013 in voller Höhe als Betriebseinnahme zu versteuern.
Der BFH sah dies anders. Der Gestattungsvertrag war auf unbestimmte Zeit unter Ausschluss einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit geschlossen worden. Er sollte erst enden mit dem vollständigen Rückbau des Kraftwerks und der vollständigen Rekultivierung. Der Nutzungsüberlassungszeitraum betrug demnach mehr als fünf J ahre (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EstG).
Zu dem Zeitpunkt sollte auch erst der Vorauszahlungszeitraum enden. Dieser Zeitraum war anhand der voraussichtlichen Nutzungsdauer des Kraftwerks und der für dessen Rückbau und die Rekultivierung benötigten Zeiträume zumindest im Wege sachgerechter Schätzung feststellbar.