Die Verpachtung von Wirtschaftsgebäuden (insbesondere Ställe) steht seit einiger Zeit auf dem Prüfstand. Nachdem der BFH mit Urteil vom 01.03.2018 (Az.: V R 35/37) entschieden hat, dass bei einer Stallverpachtung an einen pauschalierenden Leistungsempfänger nicht zur umsatzsteuerpflichtigen Verpachtung optiert werden kann und den Fall ans FG zurückverwiesen hatte, weil nach dem deutschen Umsatzsteuergesetz eine Stallpacht nur hinsichtlich ihres Gebäudesbestandteils steuerfrei sei aber die Pacht, soweit sie auf Betriebsvorrichtungen entfalle der Umsatzsteuerpflicht unterliege, hatte aktuell das niedersächsische Finanzgericht (Urteil vom 11.06.2020, 11 K 24/19, Az.BFH: V R 22/20) Gelegenheit in einem anderen Verpachtungsteil zu diesem Aufteilungsgebot zu urteilen.
Im Streitfall erzielte der Kläger unter anderem Umsätze aus der Verpachtung von Stallgebäuden inklusive Betriebsvorrichtungen (Putenställe). Anlässlich einer Betriebsprüfung stellte das Finanzamt (FA), fest, dass der Kläger die Pachtzahlung für zwei auf Dauer angelegte Stallverpachtungen in vollem Umfang als steuerfreie Vermietungsumsätze behandelt hatte. Der Prüfer ermittelte einen auf die Betriebsvorrichtungen entfallenen Pachtanteil von jeweils 20 % und unterwarf diesen der Umsatzsteuer.
Das FA erließ entsprechend geänderte Umsatzsteuerbescheide für 2010 bis 2015. Die Einsprüche des Klägers hiergegen wies das FA als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) hält die Klage für begründet. Das FA hat zu Unrecht den auf die Betriebsvorrichtungen entfallenen Pachtanteil der Umsatzsteuer unterworfen. Bei der Überlassung der Betriebsvorrichtungen handelt es sich um eine Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung der Stallgebäude mit der Folge, dass die Nebenleistung ebenfalls steuerfrei ist. Die steuerfreien Umsätze umfassen im vorliegenden Fall nicht nur die Verpachtung der Stallgebäude, sondern auch die Überlassung der Ausstattungselemente zur Fütterung und Aufzucht der Tiere, da es sich hierbei um eine Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung handelt. Zwar ist die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind umsatzsteuerpflichtig. Dies gilt nach der neueren BFH-Rechtsprechung, welcher sich das FG anschließt, jedoch nicht, wenn Einrichtungsgegenstände mitverpachtet werden, die für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der jeweiligen Immobilien zwingend erforderlich sind und diese erst betriebs- und benutzungsfähig machen. Erfüllt die Überlassung von Betriebsvorrichtungen den Tatbestand einer unselbständigen Nebenleistung, ist die Vermietung und Verpachtung der Betriebsvorrichtung danach umsatzsteuerfrei.
Jeder Umsatz ist in der Regel als eigenständige, selbständige Leistung zu betrachten; allerdings darf eine wirtschaftlich einheitliche Dienstleistung im Interesse eines funktionierenden Mehrwertsteuersystems nicht künstlich aufgespalten werden. Deshalb sind die charakteristischen Merkmale des fraglichen Umsatzes zu ermitteln, um festzustellen, ob der Unternehmer dem Leistungsempfänger mehrere selbständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbringt, wobei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist. Eine einheitliche Leistung liegt danach insbesondere dann vor, wenn ein oder mehrere Teile die Hauptleistung, ein oder mehrere andere Teile dagegen Nebenleistungen sind, die das steuerrechtliche Schicksal der Hauptleistung teilen. Eine Leistung ist als Nebenleistung zu einer Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck erfüllt, sondern das Mittel darstellt, um die Hauptleistung des Leistenden unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Das Gleiche gilt, wenn der Unternehmer für den Leistungsempfänger zwei oder mehr Handlungen vornimmt oder Elemente liefert, die so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
Nach diesen Grundsätzen handelt es sich nach Ansicht des FG bei der vom Kläger überlassenen Betriebsvorrichtung um eine Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung. Die mitverpachtete Betriebsvorrichtung bestand, wie auch vom FA nicht in Zweifel gezogen wird, in speziell abgestimmten Ausstattungselementen, die nur dazu dienten, die vertragsgemäße Nutzung des Putenstalls unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Die Vorrichtungen wurden für die Fütterung großer Tiere in der Putenhaltung entwickelt, um diese mit der Industrieförderspirale in der vorgegebenen Zeit zur Schlachtreife aufzuziehen. Heizungs- und Lüftungsanlagen sind notwendig, um den Anforderungen an das Stallklima gerecht zu werden. Spezielle Beleuchtungssysteme dienen einer gleichmäßigen Ausleuchtung. Bei den Betriebsvorrichtungen (Fütterung, Siloanlage etc.) handelt es sich daher um Leistungen, die für die Nutzung der gepachteten Ställe nützlich oder sogar notwendig waren. Danach bilden die zur Verpachtung angebotenen Ställe mit den begleitenden Leistungen in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv eine Gesamtheit, so dass nach der Rechtsprechung des EuGHs davon auszugehen ist, dass diese Leistungen mit der Vermietung eine einheitliche Leistung bilden.
Auch wenn man mit dem FA davon ausgeht, dass der tatsächliche Anteil der Betriebsvorrichtungen danach bei 30 bis 35 % der Gesamtherstellungskosten lag, ändert dies nichts an der Annahme, dass es sich bei der Überlassung der Betriebsvorrichtungen um eine bloße Nebenleistung zur Verpachtung der Ställe handelt.
Hinweis:
Die Revision war wegen der gegenläufigen Auffassung der Finanzverwaltung im Umsatzsteueranwendungserlass zuzulassen und ist unter dem Aktenzeichen V R 22/20 beim BFH anhängig. Da das FG davon ausgegangen ist, dass, wenn Einrichtungsgegenstände mitverpachtet werden, diese für den bestimmungsgemäßen Gebrauch der jeweiligen Immobilien zwingend erforderlich sind und diese erst betriebs- und benutzungsfähig machen, in der Überlassung der Betriebsvorrichtungen eine unselbständige Nebenleistung zu sehen ist, brauchte es sich nicht mit der Frage auseinander zu setzen, welches Leistungselement prägend ist. Sollte nämlich die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen neben der Verpachtung der Gebäudehülle eine Hauptleistung darstellen, stellt sich die Frage welches Leistungselement als prägend zu beurteilen ist, so dass die Vermietung ggf. auch insgesamt steuerpflichtig sein könnte, bei Prägung durch die Betriebsvorrichtungen. So auch die Diskussionen in der Praxis, wo argumentiert wird, dass es dem Pächter nicht wesentlich auf die Hülle ankommt, sondern die Einrichtung für seine betrieblichen Zwecke (z.B. Rindermast oder Milchviehhaltung).