Für außerordentliche Holznutzungen infolge höherer Gewalt sieht das Gesetz eine Steuerbegünstigung vor (§ 34b EStG). In einem Rechtsstreit über die steuerlich anzuerkennenden Holznutzungen infolge höherer Gewalt (Kalamitätsnutzungen) musste sich das Niedersächsische Finanzgericht mit der Frage befassen, ob (und ggfs. in welchem Umfang) die Voraussetzungen für die Steuervergünstigung erfüllt wurden (Urteil vom 20.5.2021, 11 K 237/19).
Im Zusammenhang mit der Steuerbegünstigung nach § 34b EStG ist Folgendes zu beachten: Nach Feststellung des Schadensfalls ist der zuständigen Finanzbehörde unverzüglich die Höhe der tatsächlichen unaufgearbeiteten Schäden mitzuteilen (§ 34b Abs. 4 Nr. 2 EStG). Die Schadenshöhe ist vom Steuerpflichtigen zu beweisen. Und der sich auf die Höhe der Steuervergünstigung auswirkende Nutzungssatz (§ 68 EStDV) ist unter Berücksichtigung der objektiven Nutzungsmöglichkeit und damit der gesamten Forstflächen zu bestimmen.
Im Streitfall hatte ein Land- und Forstwirt aufgrund eines Sturmschadens im Oktober 2017 dem Finanzamt im November 2017 eine Voranmeldung (Mitteilung) über eine geschätzte Schadensmenge in Höhe von 50 Erntefestmetern ohne Rinde (Efm o.R.) für das Gebiet A abgegeben. Anfang 2018 meldete er eine Schadensmenge in gleicher Höhe für das Gebiet B. Im April 2018 reichte der Steuerpflichtige dem Finanzamt dann die Abschlussmeldung (Nachweis) ein, in der er die tatsächliche Schadensmenge für das Gebiet A mit rund 260 statt der vorangemeldeten 50 Efm o.R. angab. Die Schadens- bzw. Kalamitätsholzmenge wurde angabegemäß vollständig aufgearbeitet und auch in der Einkommensteuererklärung 2017 angegeben.
Das Finanzamt erkannte aber nur die in den beiden Voranmeldungen aufgeführte Kalamitätsholzmenge von insgesamt 100 Efm o.R. zuzüglich eines Risikozuschlags von 20 % an – insgesamt also 120 Efm o.R. Als jährlicher Nutzungssatz wurden vom Finanzamt 88 Efm o.R. angesetzt.
Der gegen die Steuerfestsetzung vom Land- und Forstwirt eingelegte Einspruch wurde zurückgewiesen, weil der über die ursprüngliche Kalamitätsmenge hinausgehende Schaden aus dem Gebiet A nicht hinreichend nachgewiesen worden war. In der sich anschließenden Klage machte der Steuerpflichtige geltend, dass ihm die endgültige Schadens- bzw. Kalamitätsholzmenge erst mit der endgültigen Abrechnung, die zwischen Dezember 2017 und März 2018 erfolgte, in vollem Umfang bekannt geworden sei. Das Finanzgericht hielt die Klage für unbegründet und stellte zunächst fest: Das Finanzamt hat im Wirtschaftsjahr 2017/2018 zu Unrecht für Kalamitätsnutzungen im Umfang von 60 Efm o.R. für das Gebiet B eine Tarifbegünstigung bei der Einkommensteuer 2017 gewährt. Denn die Voraussetzungen für die Steuervergünstigung waren hier mangels Nachweises der Schadensmenge nicht erfüllt.
Das Gericht stellte darüber hinaus fest: Dem Kläger steht im Wirtschaftsjahr 2017/2018 für die in der Abschlussmeldung für das Gebiet A zusätzlich erklärten Kalamitätsnutzungen in Höhe von rund 200 Efm o.R. keine weitere Tarifvergünstigung nach § 34b EStG zu. Denn der Kläger ist seiner Meldepflicht bezogen auf das Gebiet A nur in Höhe der ursprünglichen 50 Efm o.R. nachgekommen. Für die später erklärten Kalamitätsnutzungen in Höhe von weiteren rund 200 Efm o.R. wurde nicht nachgewiesen, dass es sich ebenfalls um außerordentliche Holznutzungen infolge des Sturmereignisses im Oktober 2017 handelte. Letztlich waren die gesetzlichen Voraussetzungen des § 34b EStG daher nur hinsichtlich der vom Steuerpflichtigen unverzüglich gemeldeten Kalamitätsnutzungen erfüllt (50 Efm o.R. zuzüglich des Unsicherheitszuschlags von 20 %). Auch den Nutzungssatz hat das Finanzamt korrekt ermittelt, so das Gericht.