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Entgeltlicher Erwerb eines Miterbenanteils

Der Sachverhalt im Urteilsfall stellte sich folgendermaßen dar: Die Erblasserin verstarb im Jahr 2015. Auf den Kläger entfiel ein Erbanteil in Höhe von 52 %. Die übrigen 48 % gingen zu gleichen Teilen an die beiden Kinder der Erblasserin. Der Nachlass bestand im Wesentlichen aus Grundbesitz. Im Jahr 2017 veräußerten die Kinder ihren Erbanteil an einen Dritten. Da der Kläger sein gesetzliches Vorkaufsrecht ausübte, übertrug ihm der Dritte die von den Kindern erworbenen Erbanteile. Der Kläger zahlte nach Abzug von Nachlassverbindlichkeiten einen Restkaufpreis an die Kinder. Infolge des Erwerbs der Erbanteile besaß er 100 % des Grundbesitzes der Erblasserin. Im Jahr 2018 veräußerte der Kläger dann den gesamten Grundbesitz entgeltlich weiter. 
 

Wie auch schon vorher das Finanzamt ging das FG München von der Anschaffung von Grundbesitz und der Weiterveräußerung innerhalb von zehn Jahren aus. Denn nach Ansicht des Gerichts liege auch dann eine Anschaffung vor, wenn ein Miterbe im Rahmen einer Erbauseinandersetzung einem anderen Erben für die Übertragung seines Erbanteils einen Ausgleich zahlt, zumal der Erbe dadurch mehr erlange, als seinem eigenen Erbteil entspreche. Infolgedessen sei von einer vom Erbanfall losgelösten Anschaffung auszugehen. Nach Ansicht des FG München müsse der Erbe und spätere Erwerber der Erbanteile der Kinder der Erblasserin daher 48 % des durch die Veräußerung des gesamten Grundbesitzes erzielten Verkaufserlöses als privates Veräußerungsgeschäft versteuern (Urteil vom 21.07.2021 – 1 K 2127/20).
 

Mit dieser Entscheidung wollte sich der Erbe aber nicht zufriedengeben und beantragte daher die Revision beim Bundesfinanzhof (BFH). Der BFH stellte unter anderem sinngemäß fest: Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Gesamthandsgemeinschaft, wozu auch eine Erbengemeinschaft zählt, führt nicht zur (anteiligen) Anschaffung der Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens. Eine gesamthänderische Beteiligung ist auch nicht mit einem Grundstück gleichzusetzen und zwar selbst dann nicht, wenn sich im Gesamthandsvermögen nur Grundstücke befinden. Der Erwerb einer solchen Beteiligung kann daher nicht mit dem Erwerb eines Grundstücks oder eines grundstücksgleichen Rechts gleichgestellt werden. 
 

Ausgehend von den vorstehenden Feststellungen verneinte der BFH das Vorliegen der Voraussetzungen eines privaten Veräußerungsgeschäfts im Streitfall und hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Ausschlaggebend für den BFH war letztlich der Umstand, dass das angeschaffte Wirtschaftsgut „Beteiligung“ nicht identisch mit dem veräußerten Wirtschaftsgut „Grundbesitz“ war (Urteil vom 26.09.2023 – IX R 13/22).