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Gesetzesvorhaben Wachstumschancengesetz

Dass Steuergesetze seit Jahren mit heißer Nadel gestrickt werden, ist inzwischen bekannt. Gleiches gilt für das nervenstrapazierende Timing bei der Verabschiedung neuer Gesetze und/oder gesetzlicher Änderungen, nämlich oft erst wenige Wochen vor dem geplanten Inkrafttreten der Neuerungen. Festge-stellt werden muss aber auch: In den zurückliegenden Jahren hat die Just-in-time-Verabschiedung erstaunlich gut funktioniert. 
 

Ende 2023 war es dann mal wieder Zeit für den dramatischen Endspurt. Der ging aber dieses Mal gewaltig in die Binsen. Erwischt hat es das Großprojekt „Wachstums­chancengesetz“. 
Eigentlich sollte es laufen wie immer: In der letzten Bundesratssitzung des Jahres erteilt auch noch die Ländervertretung wenige Tage vor dem Jahreswechsel ihre Zustimmung zu den vom Bundestag bereits beschlossenen (steuerlichen) Änderungen, damit zumindest ein Teil davon bereits Anfang des Folgejahres in Kraft treten kann. Doch diesmal wurde zu hoch gepokert. Im Maßnahmenpaket steckten schlichtweg zu viele bittere Pillen für die Bundesländer. Der Bundesrat verweigerte daher seine Zustimmung. Das Wachstumschan-cengesetz landete nicht im Bundesgesetzblatt, sondern im Vermittlungsausschuss.
Der Ausschuss kam am 21.02. zusammen. Durch die Stimmen der Ampel-Koalition wurde ein Verhandlungsergebnis angenommen, das beträchtlich von der ursprünglichen Gesetzesvorlage abweicht. Der Bundestag hat dem Ergebnis bereits zugestimmt. Der Bundesrat soll über die Annahme des ausgehandelten Kompromisses am 22.03. entscheiden. 
 

Winkt auch der Bundesrat das Verhandlungsergebnis durch? Wir sind vorsichtig mit einer Prognose. Entscheidend wird natürlich das Abstimmungsverhalten der Bundesländer sein, in denen die Union (mit-)regiert. Der Druck auf die CDU/CSU, das Verhandlungsergebnis anzuerkennen, wird definitiv hoch sein, denn es geht schließlich um Maßnahmen, die die Wirtschaft stärken sollen, was auch im Interesse der Unionsparteien ist.

(Wieder-)Einführung der degressiven Abschreibung 
Bei beweglichen Wirtschaftsgütern, die nach dem 31.03.2024 (ursprünglich 30.09.2023) und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt worden sind, soll die degressive Abschreibung zulässig sein. Der anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Zweifache des bei der linearen Abschreibung zum Zuge kommenden Prozentsatzes betragen und 20 % nicht übersteigen (ursprünglich das Zweieinhalbfache und maximal 25 %).
 

Befristete Einführung der degressiven AfA für Wohngebäude
Die degressive Abschreibung in Höhe von 5 % (ursprünglich 6 %) soll bei Gebäuden möglich sein, die Wohnzwecken dienen und die vom Steuerpflichtigen hergestellt oder bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft worden sind. Im Jahr der Anschaffung oder Herstellung erfolgt die Abschreibung zeitanteilig. Bei Anschaffung eines Gebäudes ist die degressive AfA nur möglich, wenn der Kaufvertrag nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 abgeschlossen wurde bzw. wird. 
Die degressive AfA kann für alle Wohngebäude innerhalb der Europäischen Union und des Europäi-schen Wirtschaftsraums in Anspruch genommen werden.
 

Sonderabschreibung
Die Sonderabschreibung beweglicher Wirtschaftsgüter liegt derzeit bei maximal 20 % der Anschaf-fungskosten und steht Betrieben offen, deren Gewinn im Jahr vor der Investition den Betrag von 200.000 € nicht überschritten hat. Im Falle der Anschaffung des Wirtschaftsguts nach dem 31.12.2023 soll die Abzugsgrenze auf 40 % steigen (ursprünglich 50 %).
 

Anhebung der Freigrenze für Geschenke
Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, dürfen den Gewinn bisher nur mindern, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der dem Empfänger im Wirtschaftsjahr zugewendeten Gegenstände insgesamt maximal 35 € betragen. Die Abzugsgrenze soll auf 50 € angehoben werden. Der neue Höchstbetrag soll für Wirtschaftsjahre gelten, die nach dem 31.12.2023 begonnen haben. 
 

Erweiterter steuerlicher Verlustvortrag
Momentan ist bis zu einem Sockelbetrag von 1 Mio. € (bzw. 2 Mio. € bei Ehegatten) der Verlustvortrag für jedes Verlustvortragsjahr unbeschränkt zulässig. Soweit der Verlust den Sockelbetrag überschreitet, ist der Vortrag auf 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres begrenzt. Für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 soll die Abzugsgrenze auf 70 % erhöht werden (ursprünglich 75 %). 
 

Anhebung der Freigrenze für private Veräußerungsgeschäfte
Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften sind steuerfrei, wenn der in einem Kalenderjahr erzielte Gesamtgewinn weniger als 600 € beträgt (Freigrenze). Ehepartner profitieren auch im Falle der Zusammenveranlagung einzeln von der Freigrenze. Die Grenze soll ab 2024 auf 1.000 € angehoben werden.
 

Besteuerung der Renten 
Für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang steigt der Rentenbesteuerungsanteil momentan um einen Pro-zentpunkt. Ab dem Jahr 2023 soll der Anstieg auf einen halben Prozentpunkt reduziert werden. Für den Eintrittsjahrgang 2023 würde das bedeuten: Der Besteuerungsanteil beträgt nicht 83 %, sondern nur 82,5 %. Durch diese Maßnahme würde die 100 %-Grenze erst im Jahr 2058 erreicht werden.
 

Anhebung der Ist-Besteuerungsgrenze
Die Grenze für die Ist-Besteuerung (Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten) soll ab 2024 von 600.000 € auf 800.000 € angehoben werden.
 

Grenzen für die Buchführungspflicht 
Gewerbetreibende sowie Land- und Forstwirte, die mit ihrem Betrieb einen Gesamtumsatz von mehr als 600.000 € im Jahr erzielen, sind verpflichtet, Bücher zu führen. Die Buchführungsgrenze soll für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen, auf 800.000 € erhöht werden. Gleichzeitig soll die Gewinngrenze, bei deren Überschreitung ebenfalls die Buchführungspflicht ausgelöst wird, von 60.000 € auf 80.000 € steigen.
 

Aus dem Gesetz gestrichene Maßnahmen 
Im Zuge der Verhandlungen im Vermittlungsausschuss wurden folgende Änderungen aus der vom Bun-destag im vergangenen Dezember abgelehnten Gesetzesvorlage gestrichen: 
•    Senkung des Durchschnittssteuersatzes für LuF-Umsätze 
•    Erhöhung der GWG-Sofort-Abzugsgrenze auf 1.000 € 
•    Verbesserungen bei der Bildung eines Sammelpostens 
•    Anhebung der Verpflegungspauschalen bei Dienst- und Geschäftsreisen
•    Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung/Verpachtung 
•    Erweiterter steuerlicher Verlustrücktrag
•    Anhebung des Freibetrags für Betriebsveranstaltungen