Im zurückliegenden Jahr 2023 sind bundesweit unzählige Grundsteuerwertbescheide erlassen worden, die auf den in den Bundesländern neu eingeführten Bewertungsregeln für Grundstücke beruhen. Vielerorts gibt es inzwischen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit erlassener Bescheide. Auch einzelne Finanzgerichte stehen den neuen Bewertungsregeln kritisch gegenüber. Dies lässt sich am Verlauf der erstinstanzlichen Finanzgerichtsverfahren erkennen, die infolge der neuen Vorschriften in Gang gekommen sind. Im Mittelpunkt der Kritik steht dabei das in den Bundesländern Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sach-sen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen angewandte Bundesmodell zur Bewertung von Grundstücken.
Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz hat mittlerweile die Vollziehung von zwei Grundsteuerwertbescheiden gestoppt, die nach den neuen Vorschriften erlassen wurden. Laut Gericht bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide und in diesem Zusammenhang auch an der Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsregelungen des Bundesmodells (Beschlüsse vom 23.11.2023 – 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23).
Als problematisch erachtet das FG Rheinland-Pfalz insbesondere die fehlende Berücksichtigung besonderer wertbeeinflussender Faktoren bei einzelnen Grundstücken und Gebäuden. Nach Ansicht des Gerichts ist das verfassungsrechtlich unzulässig. Darüber hinaus bezweifelt das Gericht, dass die Boden-richtwerte in Rheinland-Pfalz auf Basis einer ausreichenden Datengrundlage ermittelt wurden. Hinzu kommen weitere rechtliche Bedenken. Der Bundesfinanzhof (BFH) wird sich nun mit der Rechtmäßigkeit der vom FG Rheinland-Pfalz beanstandeten Grundsteuerwertbescheide befassen (Az. der Revisi-onsverfahren: II B 78/23 und II B 79/23).
Auch vor dem FG Berlin-Brandenburg ist bereits eine Klage gegen die Ermittlung von Grundwerten für Zwecke der Grundsteuer auf Basis des Bundesmodells anhängig (3 K 3142/23). Klagen sind gleichfalls in Nordrhein-Westfalen anhängig, nämlich vor dem Finanzgericht Köln (4 K 2189/23) und dem Finanzgericht Düsseldorf (11 K 2309/23 Gr sowie 11 K 2310/23 Gr). Die erstinstanzlichen Entscheidun-gen stehen hier noch aus.
Bereits jetzt zeichnet sich ab: Die rechtliche Beurteilung der neuen Bewertungsregeln ist keineswegs in allen Bundesländern gleich. So hat das Sächsische FG erst vor Kurzem eine Klage gegen die Wertermitt-lung auf Basis des Bundesmodells als unbegründet abgewiesen (Urteil vom 24.10.2023 – 2 K 574/23).
Im Bundesland Bayern findet das Bundesmodell keine Anwendung. Das FG Nürnberg hat das dort zum Zuge kommende Flächenmodell als rechtmäßig eingestuft und daher einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt (Beschluss vom 08.08.2023 – 8 V 300/23).
Es stellt sich die Frage, wie sich die von den neuen Bewertungsvorschriften betroffenen Grundstückseigentümer verhalten sollten, um für sich das Beste aus der momentanen Rechtslage herauszuholen und ihre (künftige) Grundsteuerbelastung so niedrig wie möglich zu halten. Eine allgemeine Empfehlung kann es hier nicht geben, denn neben der örtlichen Lage der Grundstücke können jeweils andere einzelfallbezogene Aspekte ausschlaggebend sein. Sich zu diesem Thema beraten zu lassen, idealerweise durch eine Steuerberaterin oder einen Steuerberater, kann hier wichtige Erkenntnisse und Entscheidungshilfen bringen.