Nach den steuerlichen Vorschriften der Abgabenordnung (AO) sind Steuernachzahlungen und Steuererstattungen zu verzinsen. Die Verzinsung beginnt regulär 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist.
Für die Steuer des Jahres 2023 etwa würde der Beginn damit auf den 01.04.2025 fallen. Die Verzinsung erfolgt im Sinne der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung von Ungerechtigkeit und Wettbewerbsverzerrung. Ausnahmen von der Verzinsung aufgrund besonderer Umstände gibt es in der Regel nie.
Dies verdeutlicht ein kürzlich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) verhandelter Sachverhalt. Hier hatte ein Erbe wegen langwieriger Streitigkeiten um die Testierfähigkeit des Erblassers erst 2018, sechs Jahre nach dem Todesfall, einen Erbschein erhalten.
Erst danach konnte das Finanzamt seine Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2017 erstellen. Diese enthielten erhebliche Nachzahlungszinsen, da dem Erben Einkünfte aus dem Nachlass zugerechnet wurden.
Der Erbe beantragte den Erlass der Zinsen in fünfstelliger Höhe, da er während des Erbscheinverfahrens keine Verfügungsmacht über den Nachlass hatte. Das Finanzamt lehnte den Antrag ab. Auch das Finanzgericht wies die Klage ab und letztlich auch der BFH.
Die zuständigen BFH-Richter erläuterten im Urteil, dass Zinsen grundsätzlich auch dann erhoben werden dürfen, wenn ein Grundlagenbescheid (wie hier zur Erbauseinandersetzung) erst Jahre später ergeht. Es kommt nicht darauf an, ob der Steuerpflichtige die Steuer früher hätte zahlen können oder ob er tatsächlich einen wirtschaftlichen Vorteil aus der Verzögerung hatte.
Entscheidend sei allein der gesetzlich typisierte Liquiditätsvorteil. Der BFH erkannte zwar, dass der Erbe die Steuerschuld tatsächlich erst nach Erlangung des Erbscheins ausgleichen konnte. Dennoch sei die Anwendung der Zinspflicht rechtens. Eine Billigkeitskorrektur würde dem gesetzlichen Konzept der AO entgegenlaufen.
Hinweis:
Die Entscheidung zeigt erneut recht deutlich, wie konsequent die Finanzgerichte die gesetzlichen Vorgaben zur Verzinsung von Steuernachzahlungen auslegen. Auch äußere Umstände, wie z. B. langwierige Erbscheins-verfahren, schützen nicht vor Zinsen, selbst wenn die Betroffenen über Jahre hinweg keine Klarheit über die steuerliche Relevanz haben.
Quelle: BFH, Urteil vom 09.04.2025 – X R 12/21, DStR 2025, S. 1525